FAQ: Fuchsbandwurm
3.2 Wildtierkrankheiten: Fuchsbandwurm
3.2.1 Was ist der Fuchsbandwurm?
Larven des Fuchsbandwurms
(Bild: US Dep. of Health and Human Services)
Der Kleine Fuchsbandwurm (Echninococcus multilocularis) ist ein Tierparasit, dessen Endwirt der Fuchs ist. Im Dünndarm des infizierten Fuchses können sich zahlreiche erwachsene Bandwürmer aufhalten, deren Eier mit dem Kot ausgeschieden werden. Die Eier werden zunächst von einem Zwischenwirt - meist Nagetiere wie etwa Feldmäuse - aufgenommen; die Larve des Fuchsbandwurms gelangt dadurch in die Blutbahn des Zwischenwirts und schwächt diesen durch die sukzessive Zersetzung des Gewebes in Leber, Lunge oder auch Milz. Eine derart erkrankte Maus wird wiederum zur leichten Beute für Füchse und andere Beutegreifer, die dadurch mit dem Bandwurm infiziert werden.
Für den Endwirt - in diesem Fall den Fuchs - ist der Bandwurmbefall kaum schädlich; für den Zwischenwirt (meist Mäuse oder Ratten) verläuft er jedoch tödlich. Für den Menschen, der als Fehlzwischenwirt eine "Sackgasse" für den Bandwurm darstellt, sind die Infektionsfolgen ebenfalls gravierend und äußern sich im Krankheitsbild der alveolären Echinokokkose. Unbehandelt kann sie zur metastasenartigen Zerstörung lebenswichtiger Organe führen und nach zehn bis 15 Jahren mit dem Tod enden. Heutzutage kann die alveoläre Echninokokkose zwar erfolgreich behandelt werden; wird sie jedoch erst spät diagnostiziert, so muss der betroffene Patient lebenslang Medikamente einnehmen, um ein weiteres Wachstum der Bandwurmfinnen zu verhindern.
Die die alveoläre Echinokokkose eine extrem seltene Krankheit ist und zwischen Infektion und Diagnose meist viele Jahre liegen, ist der genaue Weg, auf dem Menschen sich mit dem Fuchsbandwurm infizieren, noch nicht endgültig geklärt. Es gibt jedoch deutliche statistische Hinweise darauf, dass bestimmte Risikogruppen - vor allem Jäger und Halter von Hunden und Freigängerkatzen - ein erhöhtes Infektionsrisiko besitzen.
Die alveoläre Echinokokkose ist übrigens nicht mit der deutlich häufigeren zystischen Echinokokkose zu verwechseln, die durch den dreigliedrigen Hundebandwurm (Echinococcus granulosus) verursacht wird.
3.2.2 Wie groß ist die Gefahr, an Echinokokkose zu erkranken?
Ein Großteil der Erkrankungen betrifft übrigens Angehörige von "Risikogruppen". Dazu gehören beispielsweise Jäger, die regelmäßig ohne Vorsichtsmaßnahmen (z.B. Mundschutz) getöteten Füchsen das Fell über die Ohren ziehen. Eine statistische Häufung von Erkrankungen findet sich auch bei Landwirten. Möglicherweise spielt von Fuchskot verunreinigtes Erdreich hier eine Rolle. Verzichtet man etwa auf angemessene Handhygiene bei und nach der Feldarbeit, könnten Bandwurmeier von den Händen in den Mund gelangen.
Für Otto Normalverbraucher besteht am ehesten noch durch innigen Kontakt mit mäusefressenden Heimtieren ein Infektionsrisiko. Da auch Hunde und Katzen durch den Verzehr infizierter Mäuse zu Trägern von Fuchsbandwürmern werden können und die Bandwurmeier mit dem Kot ausscheiden, ist im Umgang mit ihnen Hygiene geboten. In Gegenden, in denen der Fuchsbandwurm verbreitet ist, bietet sich zudem eine regelmäßige Entwurmung an.
Der häufig zitierte Infektionsweg über den Verzehr mit Bandwurmeiern kontaminierter Beeren oder Früchte wird heute von vielen Experten dagegen grundsätzlich angezweifelt. Voraussetzung dafür wäre schließlich, dass ein vom Bandwurm befallener Fuchs sein Geschäft genau auf jenen Früchten verrichtet, die ein Pilz- oder Beerensammler pflückt und ungewaschen verzehrt.
Literatur:
Sréter, T., Széll, Z., Sréter-Lancz, Z., Varga, I. (2004): Echinococcus multilocularis in Northern Hungary. Emerging Infectious Diseases, 3.
Kern, P. et al. (2003): Human Alveolar Echinococcosis in Europe, 1982-2000. Emerging Infectious Diseases, 3.
3.2.3 Wo ist der Fuchsbandwurm besonders verbreitet?
In Europa tritt der Fuchsbandwurm nicht flächendeckend, sondern inselartig auf; die Befallsrate - also der Anteil infizierter Füchse an der Gesamtpopulation - schwankt dabei erheblich. Besonders hoch sind die Befallsraten im Schweizer Kanton Thurgau und im Bereich der Schwäbischen Alb, wo bis zu 70 Prozent der Füchse mit dem Fuchsbandwurm befallen sind.
Interessanterweise scheint es keinen Zusammenhang zwischen der Befallsrate der Füchse und der Anzahl auftretender Echinokokkose-Erkrankungen beim Menschen zu geben. Selbst in Gebieten mit hoher Fuchsdichte und Befallsraten um 60% konnte kein Anstieg an Echninokokkoseinfektionen verzeichnet werden.
Literatur:
Sréter, T., Széll, Z., Sréter-Lancz, Z., Varga, I. (2004): Echinococcus multilocularis in Northern Hungary. Emerging Infectious Diseases, 3.
Kern, P. et al. (2003): Human Alveolar Echinococcosis in Europe, 1982-2000. Emerging Infectious Diseases, 3.
3.2.4 Können meine Haustiere durch den Kontakt mit Füchsen zu Überträgern des Fuchsbandwurms werden?
Die Übertragung des Fuchsbandwurms auf Füchse, aber auch Hunde und Katzen erfolgt ausschließlich durch das Fressen von infizierten Zwischenwirten, also Mäusen. Endwirte des Fuchsbandwurms (etwa Hunde) können sich an anderen Endwirten (Füchsen) nicht mit Stadien des Fuchsbandwurms infizieren, die in ihnen zu adulten Würmern heranwachsen können. Sie werden daher durch Fuchskontakt nicht zu Ausscheidern.
Grundsätzlich kann der Fuchsbandwurm aber auch als Parasit bei Hunden und Katzen vorkommen - nämlich dann, wenn diese vom Fuchsbandwurm befallene Nagetiere fressen und sich dadurch infizieren. Hygiene im Umgang mit mäusefangenden Haustieren und eine regelmäßige Entwurmung ist daher in Gebieten, in denen der Fuchsbandwurm häufig ist, empfehlenswert.
3.2.5 Kann sich mein Pferd mit dem Fuchsbandwurm infizieren?
Theoretisch können Pferde ebenso wie der Mensch durch die Aufnahme von Bandwurmeiern zu Fehlzwischenwirten werden. Allerdings gehören Pferde zu den für die alveoläre Echinokokkose sehr wenig empfänglichen Tieren: Es gibt weltweit nur eine winzige Zahl nachgewiesener Fälle solcher Infektionen. Die Gefahr für Pferde ist also verschwindend gering. Wesentlich häufiger ist der Befall mit Finnen des Hundebandwurms.
3.2.6 Wie kann ich mich vor Echninokokkose schützen?
Zum Schutz vor der Infektion mit alveolärer Echinokokkose in Gegenden, in denen die Befallsrate von Füchsen mit dem Fuchsbandwurm hoch ist, sollten einige einfache Sicherheitsmaßnahmen beachtet werden:
  • Tot aufgefundene Füchse nur mit Gummihandschuhen anfassen.
  • Nach dem Pilzesammeln und der Garten- oder Feldarbeit sollten die Hände gewaschen werden.
  • Beim Umgang mit Hunden und Katzen ist Hygiene der beste Infektionsschutz. Nach der Berührung des Fells in der Afterregion sollte man die Hände nicht ungewaschen zum Mund führen.
  • Zusätzlich können als weitere Vorsichtsmaßnahme frisch gepflückte Beeren, Waldfrüchte und Pilze vor dem Verzehr gut gewaschen oder auf über 60 Grad erhitzt werden, um Fuchsbandwurmeier abzutöten (einfrieren genügt nicht).
Bei stadtnah lebenden Füchsen, die dauerhaft in Gärten anzutreffen sind, kann theoretisch eine Behandlung der Füchse mit dem Entwurmungsmittel Praziquantel in Erwägung gezogen werden. Bei Feldstudien konnten Fuchspopulationen mit Entwurmungsködern auf Praziquantel-Basis praktisch vollständig vom Fuchsbandwurm befreit werden. Eine Dauerlösung ist das allerdings nicht: Ein entwurmter Fuchs kann sich schon mit der nächsten Maus, die er frisst, wieder neu mit dem Bandwurm infizieren.
3.2.7 Was wird gegen den Fuchsbandwurm unternommen?
Der einzig wirksame Möglichkeit, gegen den Fuchsbandwurm vorzugehen, besteht in Fraßködern, über die den Füchsen eine orale Wurmkur verabreicht werden kann. Bereits in den 1990er Jahren konnte in Studien im Raum Göppingen (Baden-Württemberg) die hohe Effektivität dieser Methode nachgewiesen werden; jüngere Untersuchungen unterstützen diese Ergebnisse. Von 2003 bis 2007 wurden beispielsweise im Landkreis Starnberg Entwurmungsköder ausgelegt. Waren 2003 noch 51% der Füchse mit dem Fuchsbandwurm infiziert, so sank diese Zahl im Jahr 2005 auf 42%, 2006 auf 12%, und im März 2007 betrug die Befallsrate sogar nur noch 0,8%. Allerdings ist angesichts der extrem geringen Infektionsraten beim Menschen und der vergleichsweise einfachen Schutzmaßnahmen fraglich, ob die Behörden selbst in Gebieten mit hohen Befallsraten bereit sind, die großflächige Entwurmung der Füchse zu finanzieren.
Literatur:
König, A., Romig, T. (2007): Bericht an die Gemeinden des Landkreises Starnberg sowie die Gemeinden Neuried und Planegg über das Projekt Kleiner Fuchsbandwurm im Bereich der Gemeinden im LK Starnberg sowie den Gemeinden Neuried und Planegg im LK München.
Deplazes, P. et al. (2004): Wilderness in the city: The urbanization of Echinococcus multilocularis. Trends in Parasitology, 2.
Hegglin, D., Ward, P.I., Deplazes, P. (2003): Anthelmintic baiting of foxes against urban contamination with Echinococcus multilocularis. Emerging Infectious Diseases, 10.
Hofer, S., Gloor, S., Müller, U., Mathis, A., Hegglin, D., Deplazes, P. (2000): High prevalence of Echinococcus multilocularis in urban red foxes (Vulpes vulpes) and voles (Arvicola terrestris) in the city of Zürich, Switzerland. Parasitology, 120, 135-142